Migration. Gesundheitspolitik. Klimawandel. AHV. Die grossen politischen Themen werden regelmässig bespielt, zu wegweisenden Wahlkampfthemen erklärt und an Stammtischen diskutiert. Echte Lösungen sind dabei oft nebensächlich. Hauptsache, eine bestimmte Bevölkerungsgruppe denkt, man setze sich für ihre Themen ein. Anders ist das bei politischen Nischen. Themen so klein und unscheinbar, dass keine grössere Partei sich dafür oder dagegen positioniert. Gefühlt kümmert sich niemand darum. Und doch sind sie nicht unwichtig.
Ein Beispiel? Bargeld! Banken eröffnen bargeldlose Filialen, selbst beim Kinderflohmarkt will man mit Twint bezahlt werden und öffentliche Toiletten bieten mittlerweile Kartenzahlung an. Ob sich die Politik da einmischen soll, ist umstritten. Der Markt spielt und die Gesellschaft wandelt sich. Dennoch erfüllt Bargeld nach wie vor eine wichtige Funktion für Wirtschaft und Gesellschaft. Es schützt vor Betrug, stärkt die Krisenresilienz bei technischen Problemen und bewahrt die Anonymität beim Zahlen. Ein Postulat hat kürzlich einen Bericht zur Akzeptanz von Bargeld gefordert. Ganz vergessen scheint das Thema nicht – und doch bleibt es ein Nischenthema.
Ein weiteres Beispiel: Kultur im digitalen Raum. Influencer (heute übrigens: Content Creator) beeinflussen die Jugendkultur. Sie verbreiten Meinungen, setzen Trends und machen Werbung für überteuerte Produkte. Nur wenige sind politisch, viele drehen einfach mehr oder weniger unterhaltsame Videos oder nutzen die Plattform als Werbefläche. Im Grunde nicht viel anders als das Fernsehen. Die Videos sind aufwendig produziert, folgen einem genauen Skript und oft gehen den Videos wochenlange Strategiepläne voraus. Die Stadt Zürich machte 2023 Wahl-Werbung mit dem bekannten Creator Cedric Schild. Wäre das nicht ein Grund, die Content Creators mit Kulturförderung zu unterstützen? Oder sollte man sie gar besser kontrollieren und regulieren? Auch hier gibt es vereinzelte Vorstösse, wirklich darum kümmern will sich aber niemand. Ein typisches Nischenthema.
Der Wochenmarkt auf dem Gemeindeplatz, Sporthallenbesetzung der Vereine oder Busverbindungen nach Seelmatten – auch Turbenthal hat Nischenthemen, die keineswegs banal sind. Ich plädiere für mehr Sichtbarkeit und politischen Willen für kleine Themen. Sie sind medial oft weniger wirksam, deshalb aber nicht unbedeutend und gerade für die Direktbetroffenen entscheidender, als man von aussen denken würde. In diesem Sinne liebe Kolleginnen und Kollegen aus der Politik: Mut zur Nische!